Absagen im Minutentakt. Erst Großereignisse wie Fußballspiele und Messen. Dann Konzerte, Lesungen, Seminare. Und schließlich auch die Schulen. Alles dicht, alles abgesagt. Deutschland entschleunigt sich und bleibt zu Hause. So viel Fastenzeit war schon lange nicht mehr.
Das Corona-Virus soll keine freie Bahn haben. Einziges Mittel, es ein wenig zu bremsen: Verzicht. Und genau dazu ruft Gesundheitsminister Jens Spahn die Bürger auf. Auf allen Ebenen, in allen Lebensbereichen. Und das Erstaunliche dabei: Es funktioniert. Während beispielsweise im Zeichen der Klimakrise wohlmeinende Appelle, auf Inlandflüge und Kreuzfahrten zu verzichten, meist ungehört verpuffen, machen die Bürger diesmal mit. Einfach aus Sorge. Das Virus bringt in unsere so perfekt durchgetaktete und ablaufopitimierte Welt gewaltige Unsicherheit: Keiner weiß wirklich, wie viele Menschen sich letztlich infizieren, wie viele Menschen daran sterben werden. Unser Gesundheitssystem, unsere Wirtschaft, letzlich unsere ganze Gesellschaft befinden sich in einem Stresstest. Ausgang offen. Das beunruhigt viele.
Respekt vor der Größe des Unwägbaren ist auch angebracht. Während Angst und Panik dazu verleiten, Geschäfte leer zu kaufen, trägt Respekt dazu bei, das Richtige zu tun. Dazu gehört vor allem der achtsame Umgang miteinander – uns selbst zu schützen, um andere nicht zu gefährden. Dazu zählt aber auch, eben nicht zu schimpfen und zu lamentieren, sondern uns Mühe zu geben, um aus der Situation das Beste zu machen. Wenn wir in diesen Wochen – trotz räumlicher Trennung – zusammenhalten, kann daraus große Solidarität entstehen.
Die Gesellschaft kann an der Corona-Krise wachsen, wenn der moralische Kompass darauf ausgerichtet ist, Schwache sowie Helfende in besonderer Weise zu schützen, erklärt auch die Sozialpsychologin Dr. Elisabeth Kals von der Katholischen Uni Eichstätt. Wichtig sei es deshalb, die positiven Beispiele des Zusammenhalts stärker publik zu machen, damit sie zur Nachahmung führen.
Und auch die Bibel liefert in Zeiten wie diesen gute Handlungsanweisungen. Denken wir nur daran, wie Timotheus in einer schwierigen Situation an seine Talente und Gaben erinnert wird: „Denn Gott hat uns nicht einen Geist der Verzagtheit gegeben, sondern den Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit.“ (2 Timotheus 1,7)
Schön wär‘s, wenn das Virus ähnlich begrenzt wäre wie die christliche Fastenzeit. Dann wäre an Ostern der Spuk vorbei. Aber ich fürchte, das bleibt ein frommer Wunsch.
Wolfgang Krinninger
Chefredakteur