Das Coronavirus bestimmt unseren Alltag. Und wohl jeder sehnt das Ende der Pandemie herbei. Endlich wieder ohne groß nachzudenken Nähe zulassen können, Gemeinschaft spüren, feiern können, Freiheit auskosten. Keinen Bogen mehr um andere Menschen machen, ein Lächeln wieder am Mund ablesen können.
Wir sind genervt. Und das ist kein Wunder. Die vergangenen Monate waren von Leid und Verzicht geprägt. Fast jeder kennt vermutlich inzwischen jemanden, der an oder mit dem Virus gestorben ist. So viele mussten erleben, wie schwer es ist, in diesen Zeiten einem geliebten Menschen im Krankenhaus oder Seniorenheim beizustehen. Unzählige Frauen und Männer bangen um ihr Einkommen, um ihre berufliche Zukunft. Die Krise überfordert uns. Da hätte es die gezielten Desinformationen von Corona-Leugnern und die triste Feststellung, dass Denunziation wieder hoffähig geworden ist, gar nicht erst gebraucht.
Vor diesem Hintergrund hat die Caritas in Deutschland das perfekte Thema für die kommenden zwei Jahre gewählt: #DasMachenWirGemeinsam lautet die Kampagne. „Bleibt unsere Wertschätzung – oder verfliegt sie wie unser Applaus?“ „Zeigen wir Solidarität mit allen – oder sparen wir sie uns?“ Das sind nur zwei der provokanten Fragen, mit denen die Caritas den Finger in gesellschaftliche Wunden legt. Und Caritas-Präsident Peter Neher, der heuer aus seinem Amt scheidet, präzisiert die Anliegen: „Wir müssen uns als Gesellschaft grundlegende Fragen stellen: Welche Pflege wollen wir? Wer soll das machen und unter welchen Bedingungen? Was ist uns soziale Sicherung, was ist uns Bildung wert? Soll die Unterstützung, die Menschen erfahren, von ihrer Postleitzahl abhängen? Und was sind wir bereit dafür zu tun, um künftigen Generationen einen lebenswerten Planeten zu hinterlassen?“ Der engagierte Streiter für Solidarität ist überzeugt, dass gerade die Monate vor der Bundestagswahl der richtige Zeitpunkt sind, um hier tragfähige Antworten einzufordern.
Nur Fragen stellen allein wäre freilich zu einfach, das weiß auch Neher. Doch die Caritas bietet eben auch Antworten und Lösungsansätze: beim Umbau der Rentenversicherung zu einer Erwerbstätigenversicherung, beim Rechtsanspruch auf Schuldnerberatung oder bei Digitalisierungsstrategien im Sozial- und Bildungsbereich, die über die Verteilung von Endgeräten hinausgehen. Und was vielleicht noch wichtiger ist: Der katholische Sozialverband will so viele Menschen wie möglich ermutigen, sich einzubringen. Denn eine Umfrage im Vorfeld der Caritas-Kampagne hat einigen Frust zu Tage gefördert, aber auch ermutigende Ergebnisse. Eines davon: 41 Prozent der Befragten stimmen folgender Aussage zu „Ich glaube, dass ich persönlich etwas zum gesellschaftlichen Zusammenhalt beitragen kann.“ Darauf kann man setzen, darauf muss man setzen beim Aufbau der Zukunft nach Corona.
Wolfgang Krinninger
Chefredakteur
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