Altötting. „Unter deinen Schutz und Schirm fliehen wir“, heißt es in einem der ältesten Mariengebete. Und wahrlich: Pünktlich zum feierlichen Gottesdienst „Patrona Bavariae“ am 1. Mai spannte die Gottesmutter ihren Schirm auf, so dass Zelebranten wie Gläubige trockenen Fußes in die Altöttinger Basilika St. Anna gelangen konnten. Das Gnadenbild selbst blieb freilich aufgrund der unsicheren Witterungsverhältnisse in seinem Ausweichquartier, der Stiftspfarrkirche St. Philippus und Jakobus. Das stand einer würdigen Feier allerdings nicht entgegen.
Zur offiziellen Eröffnung des Wallfahrtsjahres zelebrierte Bischof Dr. Franz Jung aus Würzburg vor zahlreichen Honoratioren und Gläubigen einen von Solisten, Kapellchor und Orchester musikalisch festlich gestalteten Gottesdienst – live im Fernsehen übertragen durch K‑TV. Der stellvertretende Wallfahrtsrektor, Kapuzinerbruder Marinus Parzinger begrüßte eingangs die beiden Bischöfe Franz Jung und den Passauer Diözesanbischof Dr. Stefan Oster, Stadtpfarrer Dr. Klaus Metzl, die weitere Geistlichkeit, MdL Dr. Martin Huber, Landrat Erwin Schneider, Ersten Bürgermeister Stephan Antwerpen, Altbürgermeister Herbert Hofauer, die anwesenden Stadtratsmitglieder, den Präfekt der Marianischen Männerkongregation Stefan Burghart sowie die zahlreichen Vertreter der Vereine und Verbände mit ihren Fahnenabordnungen.
In seiner Predigt nahm der Würzburger Bischof Franz Jung Bezug auf drei neue Anrufungen Mariens, die Papst Franziskus kürzlich in die Lauretanische Litanei eingefügt hatte: die Gottesmutter Maria als Mutter der Barmherzigkeit, als Mutter der Hoffnung sowie als Trösterin der Migranten und Geflüchteten. Viele fragten sich, ob sie angesichts des Bösen überhaupt Kinder in diese Welt setzen sollten, so Bischof Franz. Doch genau in diese verwundete Welt habe Gott kommen wollen in Gestalt seines Sohnes Jesus – und Maria, die Mutter der Barmherzigkeit, habe Gott ihr Ja-Wort gegeben. Dieses Ja-Wort sei zugleich die Absage an alle Form von Gewalt und Terror. Mit Gott vertraue sie auf die Kraft der Barmherzigkeit gerade angesichts aller Konflikte und Auseinandersetzungen in dieser Welt.
Dabei habe Maria selbst oft genug vor verschlossenen Türen gestanden wie damals in Bethlehem, so der Prediger. Sie sei jahrelang auf der Flucht vor denen, die den Tod ihres Sohnes wünschten und habe doch gewusst, dass dieser letztlich unausweichlich sei. Bischof Franz: „Maria, die Trösterin der Geflüchteten, ist die Mutter der leidenden Kirche. Die leidende Kirche ist eine Kirche, die sich anrühren lässt von der Not der Menschen. Es ist eine Kirche, die die Türen nicht verschließt vor den Hilfesuchenden, sondern öffnet. Es ist eine Kirche, die Liebe schenkt, um den Hass zu überwinden.“
„Ich wünsche eine gnadenreiche Wallfahrt, gerade in dieser Zeit, in der so viele Menschen Trost und Zuspruch bedürfen!”
Im Anschluss an die Predigt beauftragte Konzelebrant Bischof Stefan Oster anschließend Christiane Kurcius als neue Pilgerbetreuerin und dankte ihr herzlich für den ehrenamtlichen Dienst an der Wallfahrt. Bischof Franz Jung verabschiedete die Gläubigen nach Kommunion und Segen mit den Worten: „Ich wünsche eine gnadenreiche Wallfahrt, gerade in dieser Zeit, in der so viele Menschen Trost und Zuspruch bedürfen!“ Wie sehr die Pilger den Weg nach Altötting zur Gnadenmutter in den vergangenen beiden „Corona-Jahren“ vermisst hatten, wurde bereits am Abend zuvor beim Einzug der Passauer Jugendfußwallfahrt deutlich. Von Regen durchnässt zogen weit über 2000 junge und jung gebliebene Pilger trotz der Anstrengungen laut rufend mit wehenden Fahnen über den Kapellplatz zur Basilika St. Anna, wo Bischof Stefan Oster mit ihnen Gottesdienst feierte. Am frühen Morgen des Vortages hatten sie sich unter dem Motto „Steh auf und geh!“ auf den Weg nach Altötting gemacht – erklärtermaßen auch, um ein Zeichen gegen den Krieg in der Ukraine zu setzen. Glücklich, voller Dankbarkeit und Hoffnung lagen sie sich nun in den Armen. Bischof Stefan und Bürgermeister Antwerpen waren übrigens am Samstag die letzte Etappe der Passauer Jugendfußwallfahrt von Stammham bei Marktl bis Altötting über 20 Kilometer mitgepilgert.
Die Freude der Menschen über den Neustart der Wallfahrt zeigte sich auch bei der gut besuchten Vesper am Nachmittag des 1. Mai, in der Bischof Stefan Oster den Gläubigen das wichtigste Gebet nahebrachte, das je ein Mensch in einem Wort gesprochen habe: fiat. Fiat – mir geschehe (nach deinem Wort)! Das habe Maria auf die Offenbarung des Engels geantwortet, sie werde den Gottessohn gebären. Die Haltung, die dahinterstehe, diese Bereitschaft, voll und ganz auf Gott zu vertrauen, sei von entscheidender Bedeutung für uns Christen. Mit der Annahme unseres Schicksals („Fiat – jetzt ist es so.“) wachse die Kraft, im Vertrauen auf Gott damit umzugehen. Denn am Ende sei die Liebe Gottes immer größer als das Unheil, das uns widerfahre.
Den würdigen Abschluss fand der Festtag Patrona Bavariae durch die erste Maiandacht am Abend mit Stadtpfarrer Dr. Klaus Metzl sowie die anschließende Lichterprozession und der Schlusssegen vor dem Gnadenbild.
Wolfgang Terhörst
Redaktionsleiter
Roswitha Dorfner
Redaktionsassistentin, Fotografin