Kirche vor Ort

Herzerwärmend und „fairverbunden“

Redaktion am 10.02.2025

2025 02 05 pb alb weltladen altoetting1 Foto: Roswitha Dorfner
„Helfen durch Kaufen“. Das können Besucher des Weltladens des Altöttinger Missionskreises e.V., der sich am Papst-Benedikt-Platz befindet. Im Bild die Leiterin Ulrike Prostmeier.

Der Weltladen des Altöttinger Missionskreises e.V. besteht seit mehr als 45 Jahren

Alt­öt­ting ist her­zig. So viel ist sicher, gilt doch die Wall­fahrts­stadt als das Herz Bay­erns und die Gna­den­ka­pel­le als ewi­ge Heim­statt der ein­zig­ar­ti­gen Herz­ur­nen. Und dann gibt es noch die­ses über­di­men­sio­nal gro­ße rote Plas­tik­herz in Sicht­ach­se zur Stadt­ga­le­rie, gleich ums Eck des Kon­gre­ga­ti­ons­saals. Wind und Wet­ter trotzt es seit Jah­ren, leuch­tend und herz­er­wär­mend. Zum Hel­fen durch Kau­fen“ lädt es ein, in den Welt­la­den des Alt­öt­tin­ger Mis­si­ons­krei­ses, einer klei­nen Wun­der­kam­mer voll mit wun­der­ba­ren Spe­ze­rei­en wie Met, Kaf­fee und Scho­ko­la­den aus fer­nen Län­dern, mit aus­ge­fal­le­nem Kunst­hand­werk, ori­gi­nel­lem Schmuck, mund­ge­bla­se­nem Glas aus Mexi­ko, Plaids und Müt­zen aus war­mer Alpa­ka­wol­le und vie­lem mehr.

Steht man ein­mal im Laden, kann man sich wahr­lich nicht mehr satt­se­hen an den Far­ben und For­men aus aller Welt. Und gefühlt braucht man min­des­tens eine Stun­de, bis man alles ent­deckt zu haben glaubt, in den Holz­re­ga­len, den Vitri­nen, auf den Hockern, den Tischen und Tisch­chen, in den Schäl­chen, Kör­ben und Ampeln. Von der Decke bau­meln die ent­zü­ckends­ten Wesen aus Filz und Stoff, in Vasen ste­cken rie­si­ge, unge­wöhn­li­che Blü­ten und Kugeln und an den Klei­der­bü­geln hän­gen Jacken, Hosen, Pull­over und Klei­der aus hoch­wer­ti­gen Mate­ria­li­en. Es glit­zert, es blinkt, es duf­tet. Und das Bes­te dar­an ist, sich mit­ten in Alt­öt­ting mit Men­schen aus aller Welt fair­ver­bun­den“ zu wis­sen. Denn wer genau hin­sieht, kann sie auch ent­de­cken, die Men­schen hin­ter den Arte­fak­ten und Waren – an ihren Signa­tu­ren, die sie auf den Pro­duk­ten hin­ter­las­sen haben, denn jedes Teil im Laden hat sei­ne Geschich­te, auf die man sich ein­las­sen muss“.

2025 02 05 pb alb weltladen altoetting2 Foto: Roswitha Dorfner
Steht man einmal im Laden, kann man sich wahrlich nicht mehr sattsehen an den Farben und Formen aus aller Welt ... Blick in den Weltladen des Altöttinger Missionskreises e.V.

Eure Almo­sen könnt ihr behal­ten, wenn ihr gerech­te Prei­se zahlt“ – so lau­tet das Mot­to der Welt­la­den-Bewe­gung. Das gilt auch in der Wall­fahrt­stadt seit 1979, als im soge­nann­ten Neuöt­tin­ger Brod­haus“ am Kapu­zi­ner­berg das ers­te Geschäft Alt­öt­tings mit fair gehan­del­ten Waren aus aller Welt eröffnete.

Die Idee dazu hat­te Anna Spiel­mann. Sie gehör­te zum ers­ten Bra­si­li­en­team der Diö­ze­se Pas­sau. Es brach im Febru­ar 1969 auf, um dort lang­fris­tig kirch­li­che Ver­wal­tungs­struk­tu­ren auf­zu­bau­en. Neun Jah­re spä­ter kehr­te die Alt­öt­tin­ge­rin nach Bay­ern zurück. Der dama­li­ge Weih­bi­schof Franz Xaver Eder über­trug Anna Spiel­mann das neu geschaf­fe­ne Refe­rat für Mis­si­on, Ent­wick­lung und Frie­den des Bis­tums. Einen soge­nann­ten Drit­te-Welt-Laden“, wie man Geschäf­te Fai­ren Han­dels Ende der 1970er-Jah­re noch bezeich­ne­te, in ihrer Heim­stadt Alt­öt­ting zu grün­den, war der ehe­ma­li­gen Mis­sio­na­rin eine Her­zens­an­ge­le­gen­heit. Sie gewann Katho­li­ken aus bei­den Stadt­pfar­rei­en für ihre Idee, denen sie aus eige­nem Erle­ben die Arbeits­be­din­gun­gen schil­der­te, unter denen in Bra­si­li­en und ande­ren Län­dern Latein- und Mit­tel­ame­ri­kas Waren für die ers­te Welt pro­du­ziert wur­den. In einem klei­nen Kof­fer hat­te sie bereits Waren aus Bra­si­li­en mit­ge­nom­men, die sie nicht nur in Alt­öt­ting ver­kau­fen woll­te. Anna Spiel­mann hat­te erkannt, dass die Zeit gekom­men war, Pro­duk­te aus Ent­wick­lungs- und Schwel­len­län­dern, auch in ihrer Hei­mat­diö­ze­se zu ver­trei­ben. Hel­fen durch Kau­fen“ soll­te das Mot­to ihrer Initia­ti­ve sein.

„Fairändern wir die Welt, wie sie uns gefällt“ – Impressionen vom Weltladen Altötting

Fotos: Ros­wi­tha Dorfner

Franz-Xaver Bruck­may­er – sei­ne Frau und sei­ne Schwä­ge­rin enga­gier­ten und enga­gie­ren sich immer noch im Laden –, hat das Gan­ze dann geschäfts­mä­ßig pro­fes­sio­na­li­siert“, sagt Ulri­ke Pro­st­mei­er. Sie hat vor eini­gen Jah­ren die Lei­tung des Welt­la­dens von Mari­an­ne Link über­nom­men, die seit der Ver­eins­grün­dung des Alt­öt­tin­ger Mis­si­ons­krei­ses“ im Som­mer 1990 – er ist der Trä­ger des Ladens – sich über alle Maßen enga­giert ein­brach­te. Das Laden­ge­schäft zog 1990 vom Stamm­haus am Kapu­zi­ner­berg wie­der in einen ehe­ma­li­gen Brot­la­den, den die Klei­nen Schwes­tern Jesu als Töp­fe­rei genutzt hat­ten. Haus­herr und direk­ter Nach­bar ist seit­her die Maria­ni­sche Män­ner­kon­gre­ga­ti­on Alt­öt­ting (MC), ohne deren selbst­lo­se und groß­zü­gi­ge Unter­stüt­zung wohl man­ches schwie­ri­ger hät­te kom­men kön­nen. Gera­de wäh­rend der Coro­na-Pan­de­mie sei das Team an sei­ne Gren­zen des Mach­ba­ren gesto­ßen, von den finan­zi­el­len Schwie­rig­kei­ten ganz zu schweigen.

Das Waren­an­ge­bot habe sich aller­dings nach Coro­na sehr zum Posi­ti­ven ver­än­dert, sagt Sabi­ne Köppl-Gmach, wäh­rend sie den Laden öster­lich deko­riert und Platz für die erwar­te­te Waren­lie­fe­rung schafft. In Design, Stil und Ver­ar­bei­tung sei man in der ers­ten Welt ange­kom­men, auch die Pro­dukt­pa­let­te zie­le jetzt mehr auf die tat­säch­li­che Nach­fra­ge in Euro­pa. Jetzt ist unser Ange­bot end­lich fair, funk­tio­nal, nach­hal­tig und wirk­lich auch modern im Mis­si­ons­la­den. Da ertap­pen wir uns selbst manch­mal, dass wir so zu unse­rem Welt­la­den sagen. Drau­ßen hängt noch das alte, ver­wit­ter­te Mis­si­ons­la­den­schild. In Alt­öt­ting heißt er ein­fach immer noch so“, schmun­zelt die Altöttingerin.

2025 02 05 pb alb weltladen altoetting3 Foto: Roswitha Dorfner
Altötting ist herzig ... Plastikherz am Eingang zum Weltladen des Altöttinger Missionskreises e.V.

Sie ist eine der 35 Frau­en plus einen Mann“ im Team der Ehren­amt­li­chen – ein Kreis, der sich durch­aus erwei­tern soll­te, sind sich bei­de Frau­en einig. Vie­le arbei­ten bereits seit Jahr­zehn­ten mit, ver­ständ­li­cher­wei­se möch­ten sich man­che aus Alters- oder Gesund­heits­grün­den etwas zurück­neh­men oder auch ihr Mit­tun ganz been­den. Gesucht wür­den ehren­amt­li­che Hel­fer jeg­li­chen Alters, so der Wunsch von Ulri­ke Pro­st­mei­er, die sich für den Fai­ren Han­del und glo­ba­le Zusam­men­hän­ge inter­es­sie­ren, aber auch für Men­schen im All­ge­mei­nen – sei­en es die Kun­den, sei­en es Lie­fe­ran­ten oder Pro­du­zen­ten in Afri­ka, Asi­en und Latein­ame­ri­ka wie etwa ein perua­ni­scher Händ­ler, der seit Jah­ren ein bis zwei­mal im Jahr in Alt­öt­ting vor­bei­sä­he. Das wäre wun­der­bar, wenn jemand zu uns sto­ßen wür­de, der am Wochen­en­de eine Schicht über­nimmt“, sagt sie. Die­se dau­ert drei Stun­den, am Sams­tag und Sonn­tag sind jeweils vier Schich­ten ein­ge­teilt. Unter der Woche sind die Ehren­amt­li­chen tätig, die auf Basis einer gering­fü­gi­gen Beschäf­ti­gung arbei­ten und deren Ver­ant­wor­tungs­be­reich sich von der Lager­ver­wal­tung, über den Ein­kauf bis hin zum Schrei­ben des Dienst­plans und der Deko­ra­ti­on des Ver­kaufs­ge­schäfts erstreckt. 

Obwohl der 30 Qua­drat­me­ter gro­ße Ver­kaufs­raum am Papst-Bene­dikt-Platz nicht mehr in der heu­te klas­si­schen Lauf­rich­tung der Wall­fah­rer und Tou­ris­ten liegt, konn­te sich der Welt­la­den über die vier Jahr­zehn­te einen treu­en Kun­den­stamm aus Nah und Fern auf­bau­en. Die Stadt lässt ihre Geschenk­kör­be bei uns machen, die Alt­öt­tin­ger Schu­len kau­fen fürs Leh­rer­zim­mer ihren Kaf­fee bei uns, und dann gibt’s die Wall­fah­rer, deren ers­ter Weg nach der Kapel­le zu uns führt, weil sie sich mit ihrem Jah­res­be­darf an getrock­ne­ten Man­gos ein­de­cken“, erzählt Ulri­ke Pro­st­mei­er. Gera­de an Pfings­ten und wäh­rend des Christ­kindl­mark­tes plat­ze der Laden aus allen Näh­ten, aber im Janu­ar und Febru­ar wür­den wir uns mehr Zuspruch wün­schen, da bricht unser Geschäft schon ziem­lich ein“, gibt sie offen zu. Zwar nüt­ze sie mit ihrem Team die ruhi­ge Zeit, um Bestel­lun­gen zu erle­di­gen und das Laden­jahr zu pla­nen, aber die Mar­gen sei­en mitt­ler­wei­le so gesun­ken, dass sie kaum mehr ein finan­zi­el­les Pols­ter erwirt­schaf­ten kön­ne. Umsatz­stei­ge­rung bedeu­tet für uns Sicher­heit. Das wün­sche ich mir sehr, für den Laden und unser Team. Und dass das Bewusst­sein wächst, was hin­ter der Laden­idee über­haupt steckt. Denn es liegt noch so vie­les im Argen, Stich­wort Skla­ve­rei, Kin­der­ar­beit, Kli­ma­wan­del. Das Das ist mir zu teu­er‘ mag ich ein­fach nicht mehr hören“.

Text: Maxi­mi­lia­ne Heigl-Saalfrank

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