Die seit zwei Jahren laufende Weltsynode geht vom 4. bis 29. Oktober 2023 in eine entscheidende Phase. Dann werden im Vatikan rund 370 Teilnehmende über künftige Beratungs- und Entscheidungswege in der katholischen Kirche diskutieren. Den Abschluss dieses umfassenden Beratungsprozesses, an dem die gesamte Weltkirche teilhaben soll, bildet im Oktober 2024 eine zweite Bischofssynode im Vatikan. Bischof Stefan Oster ist einer der Teilnehmer an der Synode. Im Interview sprachen wir u.a. über seine Erwartungen an das Treffen.
Herr Bischof, die Sitzung der Weltsynode steht kurz bevor. Wie haben Sie sich darauf vorbereitet?
Bischof Stefan Oster: Wir hatten ja den Vorlauf zur Weltsynode in unserem Bistum und uns zweimal mit einem Papier beteiligt – nachdem viele Menschen zuvor online befragt worden waren. Ich bin zudem natürlich seit Jahren mit dem deutschen Synodalen Weg beschäftigt, der ja auch mit seinen Ergebnissen einfließen soll in die Weltsynode. Zudem gab es inzwischen auch zwei Videokonferenzen mit den rund 100 europäischen Teilnehmern an der Weltsynode. Außerdem habe ich natürlich das Vorbereitungsdokument, das „Instrumentum laboris“ gelesen.
Mit welchen Erwartungen fahren Sie nach Rom?
Bischof Stefan Oster: Ich freue mich auf ein intensives weltkirchliches Ereignis. Und tatsächlich interessiert mich die Frage sehr, wie es heute gehen kann, gemeinsam so Kirche zu sein, dass wir dem Evangelium für unsere Zeit neue Kraft verleihen. Ich wünsche mir Perspektiven darauf, wie wir Polarisierungen überwinden können und wie wir uns miteinander wirklich auf Gottes Geist einlassen können. Papst Franziskus sagt ja immer: Der eigentliche Protagonist der Synode ist der Heilige Geist.
Deutsch zählt bei dieser Synode nicht zu den offiziellen Sprachen. Ist das ein Manko?
Bischof Stefan Oster: Die Arbeitsweise der Synode wechselt zwischen Plenum und Kleingruppen – nach Sprachen organisiert. Bei der Jugendsynode vor fünf Jahren war ich in einer deutschsprachigen Kleingruppe. Das war natürlich gut, weil man mit der eigenen Sprache auch feine Nuancen besser ausdrücken kann. Jetzt wird es aber so sein, dass wir deutschsprachigen Teilnehmer nicht mehr unter uns sein werden – und das ist auch ein Vorteil. Wir ordnen uns den anderen zu. Außerdem wird es die Möglichkeit geben, die Kleingruppe auch einmal zu wechseln. Das war vor fünf Jahren auch nicht so.
Gebet für die Weltsynode
Der Diözesanrat und das Referat für Neuevangelisierung rufen im Bistum Passau gemeinsam zum täglichen Gebet für die Weltsynode auf.
Kritik gab es dafür, dass die Beratungen nicht von Vatikan-unabhängigen Medien in Echtzeit verfolgt werden können. Wäre mehr Transparenz nicht sinnvoll gewesen? Wie erklären Sie sich diese Entscheidung?
Bischof Stefan Oster: Der Papst grenzt eine Synode deutlich von einem Parlament ab. Jeder soll frei und unabhängig und ohne Schielen auf Allianzen und politische Zielsetzungen sagen, was er denkt. Und das braucht einen geschützten Raum. Diese innere Freiheit des geschützten Raumes lässt nach seiner Überzeugung den Geist leichter wirksam werden.
Sie gelten nicht unbedingt als großer Anhänger des Synodalen Wegs in Deutschland. Was unterscheidet die Weltsynode vom Dialogprozess in Deutschland?
Bischof Stefan Oster: Eben zum Beispiel dieser letzte Punkt: Ich habe unseren Synodalen Weg als sehr politisch erlebt – mit dem Willen vieler Protagonisten, endlich etwas durchzusetzen. Und die mediale Öffentlichkeit und der Livestream wurden sehr bewusst dafür eingesetzt, um Druck zu machen. Zuletzt hat man alle Teilnehmer auch in den heikelsten Themen dazu gebracht, namentlich und öffentlich abzustimmen. Ich kenne tatsächlich einige Synodale, die mir nachher gestanden haben, sie hätten eigentlich gegen ihr Gewissen oder gegen ihre Überzeugung abgestimmt. Wegen des öffentlichen Drucks! Und Sie wissen auch, dass einige Teilnehmer aufgrund dieser bewussten politischen Steuerung den Synodalen Weg vorzeitig verlassen haben. Solche Dinge können nicht synodal sein im Sinn des Papstes. Ein anderer wesentlicher Punkt: Man hat Dinge beschlossen, die im Grunde eine Veränderung der Lehre über den Menschen schon voraussetzen. Und man scheint vielfach nicht besonders gewillt, hier auf eine Bestätigung der vermeintlich veränderten Lehre aus Rom zu waren.
Inwiefern kann das Apostelkonzil in Jerusalem ein Vorbild für die Weltsynode sein?
Bischof Stefan Oster: Insofern die Apostel wirklich voller Glauben auf Gottes Geist gehört haben. Sie haben damals ja am Ende ihrer Versammlung voller Überzeugung gesagt: „Der Heilige Geist und wir haben beschlossen.…“ Das kann man in der Apostelgeschichte (15,28) nachlesen. Also, wenn uns in Rom ein Miteinander gelingt, in dem wir ebenfalls in diese Überzeugung finden, dann wäre ich überaus dankbar und zufrieden.
Die Organisatoren warnen, bei den Themen Weiheamt für Frauen oder einer Lockerung der Ehelosigkeit bei Priestern zu hohe Erwartungen zu haben. Ist damit nicht schon große Enttäuschung bei vielen Katholiken in Deutschland vorprogrammiert?
Bischof Stefan Oster: Ja, natürlich. Es wird nach meiner Einschätzung und nach der Ankündigung der die Versammlung leitenden Kardinäle Grech und Hollerich nicht um entscheidende Veränderung der Lehre gehen, sondern letztlich um unseren Stil, Kirche in der Welt von heute zu sein. Wie leben wir Gemeinschaft? Wie können wir möglichst viele einladen und mitnehmen? Und wie gelingt heute Verkündigung? Dazu kommt, dass man vermutlich schon von diesem ersten Teil der Synode große Ergebnisse erwartet. Aber der Papst hat die Synode um ein Jahr verlängert. Das heißt: Konkrete Ergebnisse wird es erst Ende Oktober nächsten Jahres geben. Und außerdem: Diese Ergebnisse sind dann auch wieder nur ein Beratungsergebnis für den Papst. Er wird aller Voraussicht nach auch nach dieser Synode noch einmal ein eigenes nachsynodales Schreiben verfassen. So war es zumindest in der Vergangenheit. Er wird dabei manches aus dem Abschlussdokument aufgreifen und manches nicht. Das heißt: Auch hier ist der Papst nicht gebunden. Er wird am Ende seine Sicht der Dinge deutlich machen – und die ist es dann, die zählt. Denn dazu ist er der Papst.
Wolfgang Krinninger
Chefredakteur