Vier Wochen lang wird ab 2. Oktober in Rom eine weltweite Synode tagen und über eine grundlegende Reform der katholischen Kirche beraten. Unter den 368 Synodalen aus allen Erdteilen ist auch Bischof Stefan Oster. Was er sich von den Beratungen erhofft, erklärt er im Interview.
Sie waren im vergangenen Jahr von der guten Atmosphäre während der Synode in Rom beeindruckt, sprachen von einer „wunderbaren Beratung“. Mit welchen Erwartungen fahren Sie jetzt nach Rom?
Bischof Stefan Oster: Ich freue mich wieder auf eine intensive Erfahrung von Weltkirche. Man lernt bei der Synode recht schnell viele Menschen kennen – und lernt damit auch Situationen von Kirche auf der ganzen Welt kennen. Das ist oft sehr bewegend. Dazu hoffe ich, die Methode des „Gesprächs im Heiligen Geist“ noch besser einüben zu können. Das ist für Papst Franziskus zentral: Dass wir lernen aufeinander und auf den Heiligen Geist zu hören – um auf diese Weise mehr synodale Kirche zu werden.
Was werden nun die wichtigsten Themen der Beratungen sein?
Bischof Stefan Oster: Das zentrale Thema ist „Synodalität“ – und darin zum Beispiel eine der Kernfragen: In welchem Verhältnis steht das gemeinsame Gehen als Kirche (synodal), zu dem alle eingeladen sind, zur Kirche als einer Hierarchie mit Papst, Bischöfen und Pfarrern? Das wird spannend. Zweitens legt das Vorbereitungsdokument großen Wert auf die Einheit von synodaler und missionarischer Kirche. Also: Eine synodale Kirche ist eine Kirche in Mission, eine Kirche, die hinausgeht, um das Evangelium zu verkünden. Wo gelingt das heute, wo sehen wir Wachstum und Fruchtbarkeit – bei uns und überhaupt?
„Ich glaube, Papst Franziskus ist einfach gerne mit Menschen beinander, ein echter Seelsorger.”
Papst Franziskus hat gerade zwei sehr anstrengende Reisen hinter sich gebracht, darunter die längste seines Pontifikats. Wo nimmt dieser Mann die Energie her? Was erwarten Sie sich von ihm persönlich bei den vierwöchigen Beratungen?
Bischof Stefan Oster: Ich habe auch gestaunt über diese Reise. Aber ich habe auch zuvor schon gestaunt bei der Audienz, die wir anlässlich der Ministrantenwallfahrt hatten. Wie er da – in großer Hitze – geduldig und froh auf die Jugendlichen zugegangen ist, fand ich wirklich bemerkenswert. Vielleicht liegt darin auch schon die Antwort auf Ihre zweite Frage: Ich glaube, er ist einfach gerne mit Menschen beinander, ein echter Seelsorger – und wenn er weiß, dass er Menschen begegnen wird, dann kommt ihm dafür auch die Kraft zu. Ich denke mir immer wieder, wenn ich ihm begegne, das besondere Charisma des Petrus-Dienstes wird in ihm immer neu lebendig.
Stimmen Sie sich mit den weiteren Synoden-Teilnehmern aus Deutschland vor der Reise ab? Gibt es etwas, das speziell die deutschen Teilnehmer einbringen können?
Bischof Stefan Oster: Ja, natürlich. Wir haben ja diese Woche vor Synodenbeginn die Vollversammlung der Bischofskonferenz in Fulda. Da werden wir intensiv miteinander beraten. Was wir sicher einbringen können, ist die Tatsache, dass wir seit langem gute Strukturen der Beteiligung von Laien im kirchlichen Leben haben. Außerdem scheint mir, sind wir in Deutschland in der Erkenntnis und Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs doch schon wichtige Schritte gegangen, die viele Ortskirchen in anderen Ländern wohl noch vor sich haben werden.
Worauf freuen Sie sich am meisten bei diesem Rom-Besuch?
Bischof Stefan Oster: Auf das Wiedersehen mit einigen Bischöfen und anderen Synodenteilnehmern, die ich im letzten Jahr schon getroffen habe. Ich freue mich auch auf das gemeinsame Leben in unserer Unterkunft: Wir sind da in einer Art WG häufig zusammen, morgens bei der Messe, bei den Mahlzeiten und oft auch am Abend zu einem Glas Wein. Das war letztes Jahr schon eine schöne Zeit. Und natürlich freue ich mich auch, dem Heiligen Vater wieder zu begegnen. Er ist einfach – trotz seines Alters – eine überaus erfrischende und inspirierende Person für die Kirche.
Was muss passieren, damit Sie von einem Erfolg dieser Synode sprechen würden?
Bischof Stefan Oster: Wenn es im Nachgang zur Synode gelingt, das Gespräch im Heiligen Geist, das Zuhören, das geduldige und frohe Miteinander wirklich auch in die Ortskirchen auf der ganzen Welt hinein zu verbreiten. Und wenn wir so trotz unterschiedlicher Ansichten immer wieder stärker in die Gemeinsamkeit finden als in die Polarisierungen.
Wolfgang Krinninger
Chefredakteur
Vom Zauber des Zuhörens
Im Oktober beginnt im Vatikan die zweite Sitzungsperiode der Weltsynode, die Papst Franziskus angestoßen hat (siehe auch Interview links). Bischof Stefan Oster wird als Teil der deutschen Teilnehmergruppe dabei sein und hat bereits aus der ersten vierwöchigen Sitzungsperiode vor einem Jahr viele Eindrücke mit ins Bistum genommen. Nun hat sich auch der Priesterrat mit Sprecher Pfarrer Thomas Steinberger mit dem Thema befasst – angeleitet von Jesuitenpater Clemens Blattert, Leiter des Zentrums für Berufungspastoral in Frankfurt am Main.
Bischof Stefan Oster stellte Blattert als einen der „Facilitators”, also eine Art Moderator, vor, die die Gespräche bei der Synode organisieren. In Kleingruppen erzählten die Geistlichen, wie ihr Arbeitsalltag gerade aussieht – ein erstes Zuhören und gegenseitige Würdigung ganz im Sinne des Konzepts.
Die Methode ist zugleich der Inhalt: Wie gelingt es uns als Kirche, angesichts von Unterschieden gemeinsam missionarisch zu wirken? Wie geht Synodalität mit bestehenden Hierarchien zusammen? Es sei ein gutes Zeichen an die Gläubigen, vor allem an die ehrenamtlich eingebundenen, dass sich auch die Priesterschaft auf Synodalität einlässt, hieß es aus der Runde der Priester.
Er habe den Eindruck, es passiere gerade etwas sehr Großes in der Kirche, schickte Jesuit Blattert der konkreten Einführung in die Methode Synodalität voraus. Keine Laune, kein Geschmack des Papstes sei dieser Weg, sondern eine profunde Entwicklung, die auch gegen „Sprengungstendenzen” wirke: Indem man erst ein Miteinander anstrebe, verlören kritische Fragen ihre Spaltungskraft. Im Kern der Methode Synodalität steht die „Konversation im Heiligen Geist”, das eigene Streben nach Sicherheit ein Stück weit zu überwinden und Vertrauen zu schenken. In dieser Offenheit und der Zurückhaltung, im Diskurs gleich den eigenen Impuls zu setzen, liege der „Zauber” der Methode, so Blattert – „und daraus wächst die Wahrnehmung, dass Gott mit uns unterwegs ist”.
Text und Foto: Stefanie Schreder