Weltkirche

Aufeinander und auf den Heiligen Geist hören

Redaktion am 23.09.2024

2024 09 23 pb alb weltsynode Foto: zoltan-tasi-unsplash / Wolfgang Bayer (pbp)

Vier Wochen lang wird ab 2. Oktober in Rom eine weltweite Synode tagen und über eine grundlegende Reform der katholischen Kirche beraten. Unter den 368 Synodalen aus allen Erdteilen ist auch Bischof Stefan Oster. Was er sich von den Beratungen erhofft, erklärt er im Interview.

Sie waren im ver­gan­ge­nen Jahr von der guten Atmo­sphä­re wäh­rend der Syn­ode in Rom beein­druckt, spra­chen von einer wun­der­ba­ren Bera­tung“. Mit wel­chen Erwar­tun­gen fah­ren Sie jetzt nach Rom?
Bischof Ste­fan Oster:
Ich freue mich wie­der auf eine inten­si­ve Erfah­rung von Welt­kir­che. Man lernt bei der Syn­ode recht schnell vie­le Men­schen ken­nen – und lernt damit auch Situa­tio­nen von Kir­che auf der gan­zen Welt ken­nen. Das ist oft sehr bewe­gend. Dazu hof­fe ich, die Metho­de des Gesprächs im Hei­li­gen Geist“ noch bes­ser ein­üben zu kön­nen. Das ist für Papst Fran­zis­kus zen­tral: Dass wir ler­nen auf­ein­an­der und auf den Hei­li­gen Geist zu hören – um auf die­se Wei­se mehr syn­oda­le Kir­che zu werden. 

Was wer­den nun die wich­tigs­ten The­men der Bera­tun­gen sein?
Bischof Ste­fan Oster:
Das zen­tra­le The­ma ist Syn­oda­li­tät“ – und dar­in zum Bei­spiel eine der Kern­fra­gen: In wel­chem Ver­hält­nis steht das gemein­sa­me Gehen als Kir­che (syn­odal), zu dem alle ein­ge­la­den sind, zur Kir­che als einer Hier­ar­chie mit Papst, Bischö­fen und Pfar­rern? Das wird span­nend. Zwei­tens legt das Vor­be­rei­tungs­do­ku­ment gro­ßen Wert auf die Ein­heit von syn­oda­ler und mis­sio­na­ri­scher Kir­che. Also: Eine syn­oda­le Kir­che ist eine Kir­che in Mis­si­on, eine Kir­che, die hin­aus­geht, um das Evan­ge­li­um zu ver­kün­den. Wo gelingt das heu­te, wo sehen wir Wachs­tum und Frucht­bar­keit – bei uns und überhaupt?

Ich glau­be, Papst Fran­zis­kus ist ein­fach ger­ne mit Men­schen bein­an­der, ein ech­ter Seelsorger.”

Bischof Stefan Oster SDB

Papst Fran­zis­kus hat gera­de zwei sehr anstren­gen­de Rei­sen hin­ter sich gebracht, dar­un­ter die längs­te sei­nes Pon­ti­fi­kats. Wo nimmt die­ser Mann die Ener­gie her? Was erwar­ten Sie sich von ihm per­sön­lich bei den vier­wö­chi­gen Bera­tun­gen?
Bischof Ste­fan Oster: Ich habe auch gestaunt über die­se Rei­se. Aber ich habe auch zuvor schon gestaunt bei der Audi­enz, die wir anläss­lich der Minis­tran­ten­wall­fahrt hat­ten. Wie er da – in gro­ßer Hit­ze – gedul­dig und froh auf die Jugend­li­chen zuge­gan­gen ist, fand ich wirk­lich bemer­kens­wert. Viel­leicht liegt dar­in auch schon die Ant­wort auf Ihre zwei­te Fra­ge: Ich glau­be, er ist ein­fach ger­ne mit Men­schen bein­an­der, ein ech­ter Seel­sor­ger – und wenn er weiß, dass er Men­schen begeg­nen wird, dann kommt ihm dafür auch die Kraft zu. Ich den­ke mir immer wie­der, wenn ich ihm begeg­ne, das beson­de­re Cha­ris­ma des Petrus-Diens­tes wird in ihm immer neu lebendig. 

Stim­men Sie sich mit den wei­te­ren Syn­oden-Teil­neh­mern aus Deutsch­land vor der Rei­se ab? Gibt es etwas, das spe­zi­ell die deut­schen Teil­neh­mer ein­brin­gen kön­nen?
Bischof Ste­fan Oster: Ja, natür­lich. Wir haben ja die­se Woche vor Syn­oden­be­ginn die Voll­ver­samm­lung der Bischofs­kon­fe­renz in Ful­da. Da wer­den wir inten­siv mit­ein­an­der bera­ten. Was wir sicher ein­brin­gen kön­nen, ist die Tat­sa­che, dass wir seit lan­gem gute Struk­tu­ren der Betei­li­gung von Lai­en im kirch­li­chen Leben haben. Außer­dem scheint mir, sind wir in Deutsch­land in der Erkennt­nis und Auf­ar­bei­tung des sexu­el­len Miss­brauchs doch schon wich­ti­ge Schrit­te gegan­gen, die vie­le Orts­kir­chen in ande­ren Län­dern wohl noch vor sich haben werden.

2022 11 14 pb alb bischof stefan oster Foto: pbp
Bischof Stefan Oster SDB.

Wor­auf freu­en Sie sich am meis­ten bei die­sem Rom-Besuch?
Bischof Ste­fan Oster: Auf das Wie­der­se­hen mit eini­gen Bischö­fen und ande­ren Syn­oden­teil­neh­mern, die ich im letz­ten Jahr schon getrof­fen habe. Ich freue mich auch auf das gemein­sa­me Leben in unse­rer Unter­kunft: Wir sind da in einer Art WG häu­fig zusam­men, mor­gens bei der Mes­se, bei den Mahl­zei­ten und oft auch am Abend zu einem Glas Wein. Das war letz­tes Jahr schon eine schö­ne Zeit. Und natür­lich freue ich mich auch, dem Hei­li­gen Vater wie­der zu begeg­nen. Er ist ein­fach – trotz sei­nes Alters – eine über­aus erfri­schen­de und inspi­rie­ren­de Per­son für die Kirche.

Was muss pas­sie­ren, damit Sie von einem Erfolg die­ser Syn­ode spre­chen wür­den?
Bischof Ste­fan Oster: Wenn es im Nach­gang zur Syn­ode gelingt, das Gespräch im Hei­li­gen Geist, das Zuhö­ren, das gedul­di­ge und fro­he Mit­ein­an­der wirk­lich auch in die Orts­kir­chen auf der gan­zen Welt hin­ein zu ver­brei­ten. Und wenn wir so trotz unter­schied­li­cher Ansich­ten immer wie­der stär­ker in die Gemein­sam­keit fin­den als in die Polarisierungen.

Wolfgang krinninger

Wolfgang Krinninger

Chefredakteur

Vom Zauber des Zuhörens

Im Okto­ber beginnt im Vati­kan die zwei­te Sit­zungs­pe­ri­ode der Welt­syn­ode, die Papst Fran­zis­kus ange­sto­ßen hat (sie­he auch Inter­view links). Bischof Ste­fan Oster wird als Teil der deut­schen Teil­neh­mer­grup­pe dabei sein und hat bereits aus der ers­ten vier­wö­chi­gen Sit­zungs­pe­ri­ode vor einem Jahr vie­le Ein­drü­cke mit ins Bis­tum genom­men. Nun hat sich auch der Pries­ter­rat mit Spre­cher Pfar­rer Tho­mas Stein­ber­ger mit dem The­ma befasst – ange­lei­tet von Jesui­ten­pa­ter Cle­mens Blat­tert, Lei­ter des Zen­trums für Beru­fungs­pas­to­ral in Frank­furt am Main.

Bischof Ste­fan Oster stell­te Blat­tert als einen der Faci­li­ta­tors”, also eine Art Mode­ra­tor, vor, die die Gesprä­che bei der Syn­ode orga­ni­sie­ren. In Klein­grup­pen erzähl­ten die Geist­li­chen, wie ihr Arbeits­all­tag gera­de aus­sieht – ein ers­tes Zuhö­ren und gegen­sei­ti­ge Wür­di­gung ganz im Sin­ne des Konzepts.

2024 09 23 pb alb priesterrat Foto: Stefanie Schreder / pbp
Cle­mens Blat­tert, Lei­ter des Zen­trums für Beru­fungs­pas­to­ral in Frank­furt am Main (r.), zeigte im Priesterrat auf, wie das Konzept der Synodalität funktioniert.

Die Metho­de ist zugleich der Inhalt: Wie gelingt es uns als Kir­che, ange­sichts von Unter­schie­den gemein­sam mis­sio­na­risch zu wir­ken? Wie geht Syn­oda­li­tät mit bestehen­den Hier­ar­chien zusam­men? Es sei ein gutes Zei­chen an die Gläu­bi­gen, vor allem an die ehren­amt­lich ein­ge­bun­de­nen, dass sich auch die Pries­ter­schaft auf Syn­oda­li­tät ein­lässt, hieß es aus der Run­de der Priester. 

Er habe den Ein­druck, es pas­sie­re gera­de etwas sehr Gro­ßes in der Kir­che, schick­te Jesu­it Blat­tert der kon­kre­ten Ein­füh­rung in die Metho­de Syn­oda­li­tät vor­aus. Kei­ne Lau­ne, kein Geschmack des Paps­tes sei die­ser Weg, son­dern eine pro­fun­de Ent­wick­lung, die auch gegen Spren­gungs­ten­den­zen” wir­ke: Indem man erst ein Mit­ein­an­der anstre­be, ver­lö­ren kri­ti­sche Fra­gen ihre Spal­tungs­kraft. Im Kern der Metho­de Syn­oda­li­tät steht die Kon­ver­sa­ti­on im Hei­li­gen Geist”, das eige­ne Stre­ben nach Sicher­heit ein Stück weit zu über­win­den und Ver­trau­en zu schen­ken. In die­ser Offen­heit und der Zurück­hal­tung, im Dis­kurs gleich den eige­nen Impuls zu set­zen, lie­ge der Zau­ber” der Metho­de, so Blat­tert – und dar­aus wächst die Wahr­neh­mung, dass Gott mit uns unter­wegs ist”.

Text und Foto: Ste­fa­nie Schreder

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